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Geltungszeitraum von: 01.01.2000

Geltungszeitraum bis: 30.06.2011

Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit
in der Bremischen Evangelischen Kirche

Vom 24. März 1988

(GVM 1988 Nr. 2 Z. 1)

Änderungen
Lfd. Nr.
Datum
Fundstelle
1
24. November 1999
GVM 1999 Nr. 2 Z. 7
2
28. November 2001

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I. Gerichtsverfassung

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§ 1
Errichtung

( 1 ) Zur Entscheidung von Streitigkeiten im Bereich der kirchlichen Verwaltung im ersten Rechtszug errichtet die Bremische Evangelische Kirche ein unabhängiges Verwaltungsgericht. Es führt die Bezeichnung „Gericht der Bremischen Evangelischen Kirche“ (im Folgenden Gericht).
( 2 ) Für das Gericht wird eine Geschäftsstelle bei der Kirchenkanzlei eingerichtet. Der Kirchenausschuss regelt das Nähere durch Verordnung.
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§ 2

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§ 3
Unabhängigkeit

( 1 ) Die Mitglieder des Gerichts sind unabhängig und nur an das in der Bremischen Evangelischen Kirche geltende Recht gebunden.
( 2 ) Die Mitglieder des Kirchentages und des Kirchenausschusses der Bremischen Evangelischen Kirche sowie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Kirchenkanzlei können dem Gericht nicht angehören.
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§ 4
Besetzung

( 1 ) Das Gericht verhandelt und entscheidet in der Besetzung mit einem oder einer Vorsitzenden, der oder die die Befähigung zum Richteramt besitzt, sowie einem theologischen und einem nichttheologischen beisitzenden Mitglied. Die Mitglieder des Gerichts müssen der Bremischen Evangelischen Kirche angehören.
( 2 ) Die Mitglieder des Gerichts werden von dem Kirchentag der Bremischen Evangelischen Kirche gewählt. Für den Vorsitzenden oder die Vorsitzende und die beisitzenden Mitglieder sind je ein oder eine 1. und 2. Stellvertreter oder Stellvertreterin zu wählen. Ihre Amtszeit beträgt jeweils 8 Jahre. Scheidet ein Mitglied während der Amtszeit aus, so soll für den Rest der Amtszeit ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gewählt werden.
( 3 ) Der oder die Vorsitzende und die beisitzenden Mitglieder erhalten für jedes Verfahren, an dem sie mitgewirkt haben, eine Aufwandsentschädigung, über deren Höhe der Kirchenausschuss entscheidet. Die Aufwandsentschädigung ist nach Abschluss des Verfahrens fällig.
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§ 5
Verpflichtung

Vor Beginn ihrer Tätigkeit werden der oder die Vorsitzende und die Stellvertreter oder Stellvertreterinnen sowie die beisitzenden Mitglieder und ihre Stellvertreter oder Stellvertreterinnen durch den Präsidenten oder die Präsidentin des Kirchenausschusses verpflichtet, ihr Richteramt unparteiisch in Bindung an Recht und Gesetz auszuüben. Auf die Verschwiegenheitspflicht sind sie besonders hinzuweisen. Über die Verpflichtung ist eine Niederschrift aufzunehmen.
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§ 6
Beendigung und Ruhen des Richteramtes

( 1 ) Das Amt eines Mitgliedes des Gerichts ist für beendet zu erklären,
  1. wenn die rechtlichen Voraussetzungen einer Wahl nicht vorlagen oder weggefallen sind,
  2. wenn das Mitglied sein Amt niederlegt,
  3. wenn das Mitglied das 70. Lebensjahr vollendet hat,
  4. wenn das Mitglied infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen zur Ausübung seines Amtes nicht mehr in der Lage ist,
  5. wenn das Ergebnis eines straf-, disziplinar- oder berufsgerichtlichen Verfahrens eine weitere Mitwirkung im Gericht nicht zulässt.
( 2 ) Das Amt eines Mitgliedes des Gerichts kann für ruhend erklärt werden, wenn die Einleitung eines straf-, disziplinar- oder berufsgerichtlichen Verfahrens eine weitere Mitwirkung nicht zulässt. Das Ruhen endet mit der rechtskräftigen Entscheidung oder mit der Einstellung des Verfahrens.
( 3 ) Die Feststellungen nach den Absätzen 1 und 2 trifft das Gericht nach Anhörung des oder der Betroffenen.
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§ 7
Ausschluss

( 1 ) Ein Mitglied des Gerichts ist von der Ausübung seines Richteramtes im Einzelfall ausgeschlossen, wenn es
  1. selbst Beteiligter oder Beteiligte ist,
  2. Ehegatte oder Ehegattin oder gesetzliche Vertretung eines oder einer Beteiligten ist oder gewesen ist,
  3. mit einem oder einer Beteiligten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht,
  4. in dieser Sache bereits als Zeuge oder Zeugin oder Sachverständiger oder Sachverständige vernommen worden ist,
  5. von Amts oder Berufs wegen bei der Entscheidung in dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.
( 2 ) Die Feststellungen nach Abs. 1 trifft das Gericht nach Anhörung des oder der Betroffenen.
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§ 8
Ablehnung

( 1 ) Ein Mitglied des Gerichts kann im Einzelfall wegen der Besorgnis der Befangenheit von jedem oder jeder Beteiligten abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine oder ihre Unparteilichkeit zu begründen.
( 2 ) Das abgelehnte Mitglied hat sich zu dem Ablehnungsgesuch zu äußern. Bis zur Erledigung des Ablehnungsgesuches darf es nur solche Handlungen vornehmen, die keinen Aufschub dulden.
( 3 ) Über die Ablehnung eines Mitgliedes entscheidet das Gericht durch Beschluss. An der Entscheidung wirkt der oder die Betroffene nicht mit.
( 4 ) Auch ohne Ablehnungsgesuch findet eine Entscheidung nach Absatz 3 statt, wenn ein Mitglied des Gerichts einen Sachverhalt mitteilt, der seine Ablehnung nach Abs. 1 begründen könnte.
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II. Zuständigkeit

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§ 9
Allgemeine Zuständigkeit

( 1 ) Der Rechtsweg zum Gericht ist für alle Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art der kirchlichen Verwaltung gegeben – es sei denn, dass ein anderer Rechtsweg gegeben ist.
( 2 ) Die Klage ist insbesondere zulässig, wenn der Kläger oder die Klägerin einen Leistungsanspruch geltend macht oder wenn er oder sie geltend macht, durch einen Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen oder ihren Rechten verletzt zu sein oder ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses hat.
( 3 ) Eine Feststellungsklage ist ausgeschlossen, soweit der Kläger oder die Klägerin sein oder ihr Recht durch eine Leistungs-, Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nach Abs. 2 geltend machen kann oder hätte geltend machen können.
( 4 ) Verwaltungsakt im Sinne dieses Kirchengesetzes sind Entscheidungen des Kirchenausschusses und von Leitungsorganen der Kirchengemeinden im Rahmen ihrer Zuständigkeit zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des kirchlichen Verwaltungsrechts.
( 5 ) Kirchengesetzliche Vorschriften, in denen die Zuständigkeit des Gerichts vorgesehen ist, bleiben unberührt.
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§ 10
Ausschluss der Zuständigkeit

Mit der Klage nicht anfechtbar sind:
  1. Entscheidungen im Bereich des Dienstes an Wort und Sakrament und Gewährung und Verweigerung kirchlicher Amtshandlungen,
  2. Entscheidungen, die sich auf die Ordination beziehen, sofern das kirchliche Recht nichts anderes bestimmt.
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§ 11
Ermessensprüfung

Ermessensentscheidungen unterliegen der Nachprüfung durch das Gericht nur insoweit, als die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.
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§ 12
Rechts- und Amtshilfe

Das Gericht und die Organe und Dienststellen der kirchlichen Rechtsträger sind zur gegenseitigen Rechts- und Amtshilfe verpflichtet.
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III. Verfahren

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§ 13
Klageerfordernis

( 1 ) Das Gericht wird nur auf Antrag tätig. Die Klage ist schriftlich beim Gericht einzureichen oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle zu erklären. Die Klage soll den Kläger oder die Klägerin, den Beklagten oder die Beklagte und das Klagebegehren enthalten sowie die sie begründenden Tatsachen und Beweismittel bezeichnen.
( 2 ) Die Erhebung der Klage setzt voraus, dass der oder die Betroffene von den nach dem kirchlichen Recht vorgesehenen Rechtsbehelfen erfolglos Gebrauch gemacht hat; die Beschwerde an den Kirchentag (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 der Verfassung der Bremischen Evangelischen Kirche1#) gilt nicht als Rechtsbehelf.
( 3 ) Ist kein Rechtsbehelf im kirchlichen Recht vorgesehen, kann die Klage erst erhoben werden, nachdem der oder die Betroffene erfolglos Einspruch eingelegt hat. Das gilt auch bei Leistungs- und Feststellungsklagen. Der Einspruch ist schriftlich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung an die Stelle zu richten, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Der Einspruch soll einen bestimmten Antrag enthalten und soll die Beschwerdepunkte und die zur Begründung dienenden Tatsachen angeben. Über den Einspruch ist nach nochmaliger Prüfung ein Einspruchsbescheid zu erlassen. Ein ablehnender Einspruchsbescheid ist zu begründen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
( 4 ) Die Klage muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Rechtsbehelfsbescheids erhoben werden.
( 5 ) Ist über einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes, auf Gewährung einer Leistung, auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder über einen Einspruch innerhalb angemessener Frist nicht entschieden worden, so ist die Klage frühestens 3 Monate nach Stellung des Antrags beziehungsweise Einlegung des Rechtsbehelfs unbeschadet von Abs. 2 zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass über den Antrag oder über den Rechtsbehelf noch nicht entschieden ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist dem Antrag oder dem Rechtsbehelf stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
( 6 ) Die Frist für einen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der oder die Beteiligte über den Rechtsbehelf, die kirchliche Dienststelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, und über die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb von 6 Monaten seit Bekanntgabe zulässig.
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§ 14
Aufschiebende Wirkung

( 1 ) Rechtsbehelf und Klage gegen einen Verwaltungsakt haben aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung in besonderem kirchlichen Interesse von dem Organ, das den Verwaltungsakt erlassen oder über den Rechtsbehelf zu entscheiden hat, angeordnet wird; das besondere kirchliche Interesse an der sofortigen Vollziehung ist schriftlich zu begründen.
( 2 ) Auf Antrag kann das Gericht durch Beschluss die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Der Antrag ist schon vor der Erhebung der Klage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen.
( 3 ) In dringenden Fällen kann der oder die Vorsitzende entscheiden; gegen seine oder ihre Entscheidung kann innerhalb von 2 Wochen nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden.
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§ 15
Vorbescheid

( 1 ) Ist die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet, so kann das Gericht die Klage bis zur Anberaumung der mündlichen Verhandlung durch einen begründeten Vorbescheid zurückweisen.
( 2 ) Die Beteiligten können binnen eines Monats nach Zustellung des Vorbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, so gilt der Vorbescheid als nicht ergangen; sonst wirkt er als rechtskräftiges Urteil. In dem Vorbescheid sind die Beteiligten über den zulässigen Rechtsbehelf zu belehren.
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§ 16
Zustellung, Vorbereitung der Entscheidung, Beiladung

( 1 ) Der oder die Vorsitzende lässt die Klageschrift dem oder der Beklagten zustellen mit der Aufforderung, sich binnen einer von ihm bestimmten Frist schriftlich zu äußern.
( 2 ) Zugleich trifft der oder die Vorsitzende die zur Vorbereitung der Entscheidung erforderlichen Anordnungen. Von solchen Anordnungen sind die Beteiligten zu benachrichtigen.
( 3 ) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze mit den erforderlichen Abschriften einreichen. Hierzu kann sie der oder die Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Auf Antrag kann diese Frist verlängert werden. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.
( 4 ) Das Gericht unterrichtet den Kirchenausschuss von der Klage, auch dann, wenn sich die Klage nicht gegen die Bremische Evangelische Kirche richtet.
( 5 ) Für die Beiladung gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung der Bundesrepublik Deutschland.
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§ 17
Ladung zur mündlichen Verhandlung

( 1 ) Nach ausreichender Vorbereitung des Verfahrens hat der oder die Vorsitzende mündliche Verhandlung anzuberaumen.
( 2 ) Der oder die Vorsitzende veranlasst die Ladung der beisitzenden Mitglieder, bestimmt den Berichterstatter oder die Berichterstatterin und ordnet die Ladung der Beteiligten sowie etwaiger Zeugen oder Zeuginnen und Sachverständiger an.
( 3 ) Die Beteiligten sind in der Ladung darauf hinzuweisen, dass auch in ihrer Abwesenheit verhandelt und entschieden werden kann.
( 4 ) Das persönliche Erscheinen der Beteiligten kann von dem oder der Vorsitzenden angeordnet werden.
( 5 ) Sofern der oder die Vorsitzende es für angebracht und die Angelegenheit für spruchreif hält, kann er oder sie ohne mündliche Verhandlung die Entscheidung des Gerichts auf Grund der Aktenlage herbeiführen, wenn die Beteiligten zustimmen.
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§ 18
Bevollmächtigte

( 1 ) In jeder Lage des Verfahrens kann sich jeder oder jede Beteiligte durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Bevollmächtigte können nur Personen sein, die einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland angehören.
( 2 ) Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen. Sie kann nachgereicht werden. Hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Ist ein Bevollmächtigter oder eine Bevollmächtigte bestellt, so sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn oder sie zu richten.
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§ 19
Akteneinsicht

Der oder die Vorsitzende hat den Beteiligten oder ihren Bevollmächtigten auf Verlangen Einsicht in alle dem Gericht vorliegenden Akten zu gewähren. Der oder die Vorsitzende entscheidet über Anträge auf Erteilung von Abschriften aus den Akten.
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§ 20
Mündliche Verhandlung

( 1 ) Der oder die Vorsitzende eröffnet die Verhandlung mit Schriftlesung.
( 2 ) Nach Aufruf der Sache trägt der oder die Vorsitzende oder das von ihm oder ihr ernannte berichterstattende Mitglied in Abwesenheit der Zeugen oder Zeuginnen den wesentlichen Inhalt der Akten vor.
( 3 ) Die Beteiligten erhalten hierauf das Wort, um ihre Anträge zu stellen und zu begründen.
( 4 ) Der oder die Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.
( 5 ) Der oder die Vorsitzende hat jedem beisitzenden Mitglied zu gestatten, Fragen zu stellen.
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§ 21
Öffentlichkeit der Verhandlung

( 1 ) Die Verhandlungen vor dem Gericht sind öffentlich, sofern das Gericht die Öffentlichkeit nicht aus wichtigem Grunde ausschließt.
( 2 ) Wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, so kann das Gericht Vertreter oder Vertreterinnen kirchlicher Dienststellen sowie andere Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen, zu den Verhandlungen zulassen.
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§ 22
Leitung der Verhandlung

Der oder die Vorsitzende leitet die Verhandlung und sorgt für die Aufrechterhaltung der Ordnung.
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§ 23
Untersuchungsgrundsatz

( 1 ) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
( 2 ) Der oder die Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
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§ 24
Beweisaufnahme

( 1 ) Das Gericht erhebt die erforderlichen Beweise und kann insbesondere Zeugen oder Zeuginnen, Sachverständige und Parteien vernehmen, Urkunden heranziehen und den Augenschein einnehmen.
( 2 ) Beweise sind in der Regel unmittelbar in der mündlichen Verhandlung zu erheben, jedoch können auch Niederschriften über die Beweiserhebungen sowie Urteile und Beschlüsse aus einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren durch Verlesen zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht werden. Schon vor der mündlichen Verhandlung kann das Gericht durch eines seiner Mitglieder als beauftragen Richter oder beauftragte Richterin Beweis erheben lassen.
( 3 ) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch Beschluss abgelehnt werden; der Beschluss ist zu begründen.
( 4 ) Eine Vereidigung findet nicht statt.
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§ 25
Niederschrift

( 1 ) Über die Verhandlung ist eine Niederschrift zu führen.
( 2 ) Die Niederschrift hat zu enthalten:
Ort und Tag der Verhandlung, die Namen der mitwirkenden Richter oder Richterinnen, der Beteiligten, ihrer Bevollmächtigten, die Anträge sowie den wesentlichen Inhalt der Zeugenvernehmungen.
( 3 ) Entscheidungen und Vergleiche sind wörtlich in die Niederschrift aufzunehmen.
( 4 ) Der oder die Vorsitzende kann zur Verhandlung einen Protokollführer oder eine Protokollführerin hinzuziehen.
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§ 26
Bindung an die Sachanträge, Klageänderung

( 1 ) Bei der Entscheidung ist das Gericht an die Sachanträge der Beteiligten gebunden.
( 2 ) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
( 3 ) Die Einwilligung des oder der Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er oder sie sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
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§ 27
Klagerücknahme

( 1 ) Der Kläger oder die Klägerin kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine oder ihre Klage zurücknehmen. Eine Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des oder der Beklagten voraus.
( 2 ) Wird die Klage zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluss ein und spricht in ihm die sich nach diesem Kirchengesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus.
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§ 28
Beweiswürdigung

( 1 ) Das Gericht entscheidet nach seiner aus dem Gesamtergebnis der Verhandlung gewonnenen Überzeugung. In der Entscheidung sind die Gründe anzugeben, die für die Überzeugung des Gerichts leitend gewesen sind.
( 2 ) Die Entscheidung darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.
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§ 29
Abstimmung

( 1 ) Das Gericht entscheidet in geheimer Beratung mit der Mehrheit der Stimmen.
( 2 ) Die Mitglieder des Gerichts sind verpflichtet, über den Hergang der Beratung und Abstimmung Stillschweigen zu bewahren.
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§ 30
Urteil

( 1 ) Über die Klage wird durch Urteil entschieden.
( 2 ) Die Urteilsform ist nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu verkünden oder den Beteiligten binnen 2 Wochen schriftlich zuzustellen.
( 3 ) In dem Urteil sind die Mitglieder des Gerichts und der Tag der Entscheidung anzugeben. Das Urteil ist nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite hin zu begründen.
( 4 ) Das Urteil ist von allen mitwirkenden Richtern oder Richterinnen zu unterzeichnen.
( 5 ) Das schriftliche Urteil mit Begründung ist den Beteiligten zuzustellen. Die Zustellung soll innerhalb von 2 Monaten nach der Entscheidung erfolgen.
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§ 31
Einstweilige Anordnung

Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen. § 123 Verwaltungsgerichtsordnung findet ergänzend Anwendung.
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§ 32
Anwendung der staatlichen Verwaltungsgerichtsordnung

Im Übrigen ist die Verwaltungsgerichtsordnung der Bundesrepublik Deutschland in der jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden. Vorschriften über Zwangsmaßnahmen sind nicht anwendbar.
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IV. Revision

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§ 33
Revision

( 1 ) Gegen Entscheidungen des Gerichts in der Hauptsache ist das Rechtsmittel der Revision beim Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche der Union gegeben. Im Übrigen findet gegen die Entscheidungen des Gerichts eine Beschwerde nicht statt.
( 2 ) Für das Revisionsverfahren gelten die für das Revisionsverfahren beim Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche der Union anzuwendenden Vorschriften.
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§ 34
Wahl der Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes

Die von der Bremischen Evangelischen Kirche in den Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche der Union zu entsendenden Mitglieder und deren Vertreter oder Vertreterinnen werden von dem Kirchentag der Bremischen Evangelischen Kirche auf die Dauer von sechs Jahren gewählt. Wiederwahl ist zulässig. Im Übrigen finden die für die Wahl der Mitglieder des Gerichts der Bremischen Evangelischen Kirche geltenden Bestimmungen entsprechende Anwendung.
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V. Kosten

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§ 35
Kosten des Gerichts

( 1 ) Die Aufwendungen für das Gericht trägt die Bremische Evangelische Kirche.
( 2 ) Gerichtsgebühren werden nicht erhoben.
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§ 36
Kosten des Verfahrens

( 1 ) Das Gericht entscheidet über die Verpflichtung der Beteiligten zur Tragung der Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des Verfahrensergebnisses nach billigem Ermessen.
( 2 ) Kosten des Verfahrens sind:
  1. Die Auslagen für Zeugen oder Zeuginnen und Sachverständige, die nach den entsprechenden staatlichen und kirchlichen Vorschriften zu entschädigen sind.
  2. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens; hierzu gehören die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin.
( 3 ) Das Gericht kann durch Beschluss von den Beteiligten Vorschüsse für die Auslagen gem. Abs. 2 Nr. 1 verlangen und von deren Bezahlung die Fortführung des Verfahrens oder eine Beweisaufnahme abhängig machen.
( 4 ) Das Gericht setzt den Streitwert nach billigem Ermessen fest.
( 5 ) Das Gericht setzt auf Antrag die Kosten fest, die zu erstatten sind.
( 6 ) Die Entscheidungen des Gerichts über die Kosten sind nur anfechtbar, wenn gegen die Entscheidung in der Hauptsache Berufung eingelegt wird.
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§ 37
Verfahrenskostenhilfe

( 1 ) Macht ein Beteiligter oder eine Beteiligte dem Gericht glaubhaft, dass er oder sie nach seinen oder ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten des Verfahrens nicht aufbringen kann, kann das Gericht ihm oder ihr auf Antrag Verfahrenskostenhilfe bewilligen und ihm oder ihr einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beiordnen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
( 2 ) Das Gericht kann die Bewilligung aufheben, wenn absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben gemacht worden sind.
( 3 ) Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe hat auf die Verpflichtung, die der gegnerischen Partei entstandenen Kosten zu erstatten, keinen Einfluss.
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VI. Inkrafttreten, Übergangsbestimmungen

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§ 38

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt ab 1. Juli 1989 in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt tritt das Vorläufige Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Bremischen Evangelischen Kirche vom 26. Februar 1954 außer Kraft.
( 2 ) Die Bestimmungen über die Wahl der Mitglieder des Gerichts treten am 1. Januar 1989 in Kraft.
( 3 ) Die erste Amtszeit der nach diesem Kirchengesetz gewählten Richter beginnt am 1. Juli 1989.
( 4 ) Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Kirchengesetzes bei dem Schiedsgerichtshof der Evangelischen Kirche in Deutschland auf Grund des Vorläufigen Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Bremischen Evangelischen Kirche vom 26. Februar 1954 anhängige Verfahren werden nach Maßgabe des Vorläufigen Gesetzes über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Bremischen Evangelischen Kirche vom 26. Februar 1954 zu Ende geführt.

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1 ↑ Nr. 1.100.