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Ordnung
für den Vorbereitungsdienst der Vikare und Vikarinnen
in der Bremischen Evangelischen Kirche

Vom 11. Juni 2020

(GVM 2020 Nr. 1 S. 57)

Auf Grund des § 5 Absatz 5 des Pfarrausbildungs- und -anstellungsgesetzes1# vom 27. November 2019 (GVM 2019 Nr. 2 S. 34) verordnet der Kirchenausschuss:
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Abschnitt 1
Vorbereitungsdienst

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§ 1
Ziel des Vorbereitungsdienstes

Ziel des Vorbereitungsdienstes ist es, die Vikare und Vikarinnen in praktischer Ausbildung und wissenschaftlicher Fortbildung auf den Dienst als Pfarrer oder Pfarrerin vorzubereiten.
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§ 2
Aufnahme in den Vorbereitungsdienst

( 1 ) In den Vorbereitungsdienst kann aufgenommen werden,
  1. wer einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland angehört,
  2. wer die Erste Theologische Prüfung vor der Prüfungskommission der Bremischen Evangelischen Kirche bestanden hat,
  3. wer nicht infolge des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen bei der Erfüllung der Dienstpflichten wesentlich beeinträchtigt ist und
  4. bei dem im Übrigen keine schwerwiegenden Tatsachen vorliegen, die einer künftigen Ausübung des Dienstes als Pfarrer oder Pfarrerin entgegenstehen.
( 2 ) Wer in einer anderen Gliedkirche der EKD die Erste Theologische Prüfung abgelegt hat und im Übrigen die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, kann im Benehmen mit dieser Gliedkirche in den Vorbereitungsdienst aufgenommen werden.
( 3 ) In den Vorbereitungsdienst kann in begründeten Ausnahmefällen auch aufgenommen werden, wer eine für die Ausübung des Vorbereitungsdienstes vergleichbare theologische Hochschulprüfung abgelegt hat. Die Aufnahme kann vom Ergebnis eines Kolloquiums abhängig gemacht werden.
( 4 ) Vikaren und Vikarinnen einer anderen Gliedkirche der EKD kann auf Antrag dieser Gliedkirche gestattet werden, den Vorbereitungsdienst in der Bremischen Evangelischen Kirche abzuleisten, ohne dass hierfür die Begründung eines Dienstverhältnisses mit der Bremischen Evangelischen Kirche erforderlich ist (Gastvikariat).
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§ 3
Antrag und Frist

( 1 ) Über den Antrag auf Aufnahme in den Vorbereitungsdienst entscheidet der Kirchenausschuss.
( 2 ) Der Antrag ist innerhalb von vier Jahren nach dem Bestehen der Ersten Theologischen Prüfung zu stellen. Der Kirchenausschuss kann Ausnahmen zulassen.
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§ 4
Dauer und Bestandteile des Vorbereitungsdienstes

( 1 ) Der Vorbereitungsdienst dauert mindestens zweieinhalb Jahre. Er gliedert sich in
  1. ein Gemeindevikariat (§ 5),
  2. ein gesamtkirchliches Vikariat (§ 6),
  3. Praktika in Schule und Kindertageseinrichtung (§ 7),
  4. die Ausbildung im Predigerseminar (§ 8) und
  5. Reflexionstage (§ 9).
( 2 ) In besonderen Fällen kann der Kirchenausschuss Vikare und Vikarinnen in einen diakonischen, ökumenisch-missionarischen oder wissenschaftlichen Dienst im In- oder Ausland einweisen.
( 3 ) Für die Dauer des Vorbereitungsdienstes erhalten die Vikare und Vikarinnen Erlaubnis und Auftrag, im Rahmen ihrer Ausbildung unter Anleitung und Verantwortung der Mentoren und Mentorinnen sowie der Leitung des Predigerseminars zu predigen, Abendmahlsfeiern zu leiten, zu unterrichten, Amtshandlungen, insbesondere Taufen, vorzunehmen und Seelsorge zu üben. Sie sind an die Ordnung der jeweiligen Gemeinde gebunden.
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§ 5
Gemeindevikariat

( 1 ) Im Gemeindevikariat nehmen Vikare und Vikarinnen exemplarisch am Berufsalltag von Gemeindepfarrern und Gemeindepfarrerinnen teil. Dies vollzieht sich durch Einübung und Reflexion.
( 2 ) Während des Gemeindevikariats, das in der Regel in zwei Gemeinden unterschiedlicher Struktur und Prägung stattfindet, werden die Vikare und Vikarinnen geeigneten Pfarrern und Pfarrerinnen als ihren Mentoren und Mentorinnen zur Ausbildung zugewiesen.
( 3 ) Die Vikare und Vikarinnen werden von den Mentoren und Mentorinnen durch Hospitation, durch Beteiligung am pfarramtlichen Dienst und durch Übertragung von selbstständig zu erledigenden Aufgaben mit dem Pfarrdienst vertraut gemacht. Die Mentoren und Mentorinnen fördern die Vikare und Vikarinnen in ihrer theologischen Weiterbildung. Die Vikare und Vikarinnen sollen zu den Sitzungen des Kirchenvorstandes (Kirchenrates) hinzugezogen werden.
( 4 ) Die Mentoren und Mentorinnen erstatten nach Abschluss des Gemeindevikariats dem Kirchenausschuss einen schriftlichen Bericht.
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§ 6
Gesamtkirchliches Vikariat

( 1 ) Im gesamtkirchlichen Vikariat nehmen Vikare und Vikarinnen exemplarisch an der Arbeit einer gesamtkirchlichen Einrichtung teil. Sie werden einer geeigneten Person aus der gesamtkirchlichen Einrichtung als ihrem Mentor oder ihrer Mentorin zugewiesen.
( 2 ) § 5 Absatz 3 und 4 gilt entsprechend.
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§ 7
Praktika in Schule und Kindertageseinrichtung

Die Vikare und Vikarinnen absolvieren ein Praktikum in einer Schule und ein Praktikum in einer Kindertageseinrichtung.
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§ 8
Predigerseminar

( 1 ) Das Predigerseminar hat insbesondere die Aufgabe, die Ausbildung der pastoralen Kompetenzen durch die Reflexion der Erfahrungen aus dem Gemeindevikariat, durch die Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Fragen der Einzelgemeinde, der Gesamtkirche und der Ökumene, durch die Diskussion praktisch-theologischer Theorien und Konzepte sowie durch praxisbezogene Übungen zu fördern.
( 2 ) Die Vikare und Vikarinnen sind zur Teilnahme an den Veranstaltungen des Predigerseminars verpflichtet.
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§ 9
Reflexionstage

( 1 ) Der Ausbildungsreferent oder die Ausbildungsreferentin führt Reflexionstage für die Vikare und Vikarinnen durch.
( 2 ) Die Vikare und Vikarinnen sind zur Teilnahme an den Reflexionstagen verpflichtet.
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Abschnitt 2
Rechtsstellung der Vikare und Vikarinnen

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§ 10
Öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis auf Widerruf

( 1 ) Vikare und Vikarinnen stehen in einem kirchengesetzlich geregelten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis auf Widerruf.
( 2 ) Das Dienstverhältnis wird durch die Aushändigung der Berufungsurkunde begründet. Die Berufung wird mit dem Tage der Aushändigung der Urkunde wirksam, es sei denn, dass darin ein späterer Tag bestimmt ist. Eine Berufung auf einen zurückliegenden Zeitraum ist unzulässig und insoweit unwirksam.
( 3 ) Die Berufungsurkunde muss außer dem Namen, dem Geburtsdatum und dem Geburtsort die ausdrückliche Erklärung enthalten, dass der oder die Berufene in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis auf Widerruf und zum Vikar oder zur Vikarin berufen wird.
( 4 ) Im Übrigen finden auf die Berufung die Regelungen des Pfarrdienstgesetzes der EKD3# zu Nichtigkeit und Rücknahme der Berufung in der jeweils gültigen Fassung entsprechende Anwendung.
( 5 ) Es kann ein privatrechtliches Dienstverhältnis begründet werden.
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§ 11
Bezüge und weitere Leistungen

Vikare und Vikarinnen haben Anspruch auf folgende Leistungen:
  1. Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen oder einen Beitragszuschuss zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie Unfallfürsorgeleistungen nach Maßgabe der für Pfarrer und Pfarrerinnen der Bremischen Evangelischen Kirche geltenden Bestimmungen5#,
  2. Erstattung von Reise-6# und Umzugskosten7# nach Maßgabe der für Pfarrer und Pfarrerinnen der Bremischen Evangelischen Kirche geltenden Bestimmungen und
  3. einen Zuschuss zur Anschaffung eines Talars.
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§ 12
Urlaub

Vikare und Vikarinnen erhalten Erholungs- und Sonderurlaub nach Maßgabe der Urlaubsverordnung der Bremischen Evangelischen Kirche8#.
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§ 13
Beurlaubung aus familiären Gründen

Soweit kirchliche Ausbildungsinteressen nicht entgegenstehen, können Vikare und Vikarinnen unter Verlust der Vikariatsbezüge nach Maßgabe der für Pfarrer und Pfarrerinnen der Bremischen Evangelischen Kirche gelten Bestimmungen beurlaubt werden, wenn sie mindestens ein Kind unter achtzehn Jahren oder pflegebedürftige sonstige Angehörige tatsächlich betreuen oder pflegen. Die Pflegebedürftigkeit sonstiger Angehöriger ist durch ärztliches Gutachten nachzuweisen.
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§ 14
Mutterschutz und Elternzeit

Die für Pfarrer und Pfarrerinnen der Bremischen Evangelischen Kirche geltenden Vorschriften über Mutterschutz und Elternzeit sind entsprechend anzuwenden.
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§ 15
Nebentätigkeit

Vikare und Vikarinnen dürfen eine Nebentätigkeit nur übernehmen, wenn dies mit der Ausbildung vereinbar ist und kirchliche Interessen nicht entgegenstehen. Die für Nebentätigkeiten von Pfarrern und Pfarrerinnen der Bremischen Evangelischen Kirche geltenden Bestimmungen sind entsprechend anzuwenden.
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§ 16
Verlängerung des Vorbereitungsdienstes

( 1 ) Der Vorbereitungsdienst kann nach Anhörung des Vikars oder der Vikarin verlängert werden, wenn der Vorbereitungsdienst wegen
  1. einer Erkrankung,
  2. eines Beschäftigungsverbots für die Zeit vor oder nach einer Entbindung nach mutterschutzrechtlichen Vorschriften,
  3. einer Elternzeit oder
  4. anderer schwerwiegender persönlicher Gründe
unterbrochen wurde und durch die Verkürzung von Ausbildungsphasen die zielgerichtete Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes nicht gewährleistet ist.
( 2 ) In begründeten Einzelfällen kann der Vorbereitungsdienst auf Antrag zur Ableistung eines diakonischen, ökumenisch-missionarischen oder wissenschaftlichen Dienstes im In- oder Ausland verlängert werden.
( 3 ) Der Vorbereitungsdienst kann höchstens um zwei Jahre verlängert werden.
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§ 17
Dienstpflichten und Dienstaufsicht

( 1 ) Die Vikare und Vikarinnen sind verpflichtet, ihre Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen, die ihnen gegebenen Anordnungen zu befolgen und die ihnen übertragenen Aufgaben und wissenschaftlichen Arbeiten sorgfältig zu erledigen.
( 2 ) Die Dienstaufsicht soll sicherstellen, dass Vikare und Vikarinnen ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllen. Sie umfasst auch die Aufgabe, Vikare und Vikarinnen in ihrem Dienst und ihrer Ausbildung zu unterstützen und Problemen rechtzeitig durch geeignete Maßnahmen zu begegnen.
( 3 ) Die Vikare und Vikarinnen unterstehen der Dienstaufsicht des Schriftführers oder der Schriftführerin.
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§ 18
Dienstaufsichtliche Maßnahmen

Vikaren und Vikarinnen, die ihre wissenschaftliche oder praktische Ausbildung vernachlässigen, ein für einen künftigen Pfarrer oder eine künftige Pfarrerin unwürdiges Verhalten zeigen oder dienstliche Anordnungen nicht befolgen, kann im Rahmen der Dienstaufsicht eine Missbilligung ausgesprochen werden. Die Möglichkeit, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, bleibt unberührt.
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§ 19
Beendigung des Dienstverhältnisses

Das Dienstverhältnis der Vikare und Vikarinnen endet außer durch Tod durch Ablauf des Vorbereitungsdienstes (§ 20) oder durch Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst (§ 21).
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§ 20
Beendigung durch Ablauf des Vorbereitungsdienstes

( 1 ) Das Dienstverhältnis der Vikare und Vikarinnen endet mit Ablauf des Monats, in dem das Zeugnis über die bestandene Zweite Theologische Prüfung zugestellt wird.
( 2 ) Wird eine Verlängerung des Vorbereitungsdienstes genehmigt, weil die Zweite Theologische Prüfung nicht bestanden wurde, so endet das Dienstverhältnis der betroffenen Vikare oder Vikarinnen mit Ablauf des Monats, in dem ihnen das Zeugnis über die bestandene Zweite Theologische Prüfung zugestellt wird oder ihnen nach einem Nichtbestehen der Zweiten Theologischen Prüfung schriftlich mitgeteilt wird, dass sie zu einer Wiederholung der Prüfung nicht zugelassen werden.
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§ 21
Beendigung durch Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst

( 1 ) Vikare und Vikarinnen sind aus dem Dienstverhältnis zu entlassen, wenn sie schriftlich ihre Entlassung verlangen. Der Antrag auf Entlassung kann zurückgenommen werden, solange die Entlassungsverfügung noch nicht zugestellt worden ist.
( 2 ) Vikare und Vikarinnen können jederzeit ohne Einhaltung einer Frist durch Widerruf entlassen werden. Sie sind zu entlassen, wenn
  1. sie die Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche durch Austrittserklärung oder durch Übertritt zu einer anderen Religionsgemeinschaft verlieren,
  2. sich erweist, dass sie den Anforderungen des Vorbereitungsdienstes oder des pfarramtlichen Dienstes nicht gerecht werden,
  3. sie sich nicht innerhalb einer vorgeschriebenen oder auf Antrag verlängerten Frist zur Zweiten Theologischen Prüfung gemeldet haben oder
  4. ihnen eine Dienstpflichtverletzung zur Last gelegt wird, die bei einem Pfarrdienstverhältnis auf Lebenszeit mindestens zu einer Kürzung der Dienstbezüge führen würde.
( 3 ) Vor der Entscheidung über die Entlassung sind der oder die Betroffene sowie der Mentor oder die Mentorin zu hören. Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen und zuzustellen. Gegen die Entscheidung über die Entlassung kann der oder die Betroffene innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Kirchenausschuss Widerspruch einlegen. Die Entscheidung über den Widerspruch unterliegt der kirchengerichtlichen Nachprüfung.
( 4 ) Die Mitteilung über die Entlassung muss den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses enthalten.
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§ 22
Rechtsfolgen der Beendigung, erneute Aufnahme

( 1 ) Mit der Beendigung des Dienstverhältnisses erlöschen alle damit verbundenen Anwartschaften, Rechte und Pflichten mit der Ausnahme der Verpflichtung zur Verschwiegenheit.
( 2 ) Eine erneute Aufnahme in den Vorbereitungsdienst ist möglich, wenn die Gründe, die zur Beendigung geführt haben, weggefallen sind.
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Abschnitt 3
Schlussbestimmungen

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§ 23
Ausführungsbestimmungen

Der Kirchenausschuss kann Ausführungsbestimmungen, insbesondere über die Grundsätze und Inhalte der Ausbildung der Vikare und Vikarinnen, erlassen.
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§ 24
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Diese Ordnung tritt am 1. Juli 2020 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt die Ordnung für den Vorbereitungsdienst der Vikare und Vikarinnen in der Bremischen Evangelischen Kirche vom 22. Februar 1996 (GVM 1996 Nr. 1 Z. 7), zuletzt geändert am 17. Dezember 2015 (GVM 2015 Nr. 2 S. 126), einschließlich des Ausbildungsgesamtplans, außer Kraft.

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1 ↑ Nr. 5.300.
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2 ↑ Die Inhaltsübersicht ist nicht Bestandteil der Verordnung.
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3 ↑ Nr. 5.100.
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4 ↑ Ausführungsgesetz zum Besoldungs- und Versorgungsgesetz der EKD Nr. 5.501.
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5 ↑ Beihilfeverordnung Nr. 7.210.
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6 ↑ Reisekostenverordnung Nr. 7.240.
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7 ↑ Umzugskostenverordnung Nr. 7.230.
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8 ↑ Nr. 5.550.